Um die dringende Ernährungswende in Berlin voranzutreiben, birgt die Verknüpfung von SoLaWis mit der Gemeinschaftsverpflegung ein großes Potential.
Die Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) auch als CSA (engl.: community supported agriculture) bekannt, ist ein gemeinschaftsbasiertes Landwirtschaftsmodell bei dem Landwirt:innen und Verbraucher:innen sich die Kosten und Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes teilen. Sie ist als Alternative zum sich immer weiter konzentrierenden Lebensmittelhandel entstanden: Derzeit kontrollieren die vier Handelskonzerne Edeka-, Schwarz- und Rewe-Gruppe sowie Aldi 85% des deutschen Lebensmittelmarktes. Lieferanten sind somit von wenigen Abnehmern abhängig und auf deren Vertriebsstrukturen angewiesen. Sie können sich den regelmäßigen Preissenkungen ohne Rücksicht auf die Produktionskosten kaum entziehen, sehen sich mit Knebelverträgen und versteckten Gebühren konfrontiert und müssen unter anderem unverkaufte Ware auf ihre eigenen Kosten zurücknehmen. Alleine zwischen 2010 und 2023 haben 44.000 Betriebe aller deutschen landwirtschaftlichen Betriebe vornehmlich aus ökonomischen Gründen aufgegeben. Vor allem betrifft diese Entwicklung kleinere und mittlere Betriebe unter 100 Hektar (ha). (BMEL: Betriebsstruktur und Entwicklung)
Allen SoLaWis gemein ist, dass die Landwirt:innen ihre Mitglieder mit frischen, saisonalen und regionalen Lebensmitteln von den ökologisch bewirtschafteten Flächen versorgen. Die Mitglieder bieten den Landwirt:innen eine Abnahmegarantie und Planungssicherheit. Die einzelnen SoLaWis unterscheiden sich dabei in der Anzahl der Mitglieder, der Größe des Betriebes, ihres Warenangebots sowie in ihrer Organisationsstruktur. Die Zahl der SoLaWis ist in Deutschland inzwischen auf 500 angewachsen, nimmt stetig zu und erfährt immer stärkere Akzeptanz. In der Gesamtheit ermöglichen sie eine Landwirtschaft, die Lösungen für die Klima-, Boden- und Biodiversitätskrise liefert. Sie können auch Sicherheit innerhalb der Märkte bieten, die durch die steigende Marktkonzentration, den hohen Preisdruck und die starke Abhängigkeit von Importen zunehmend fragil werden. (Netzwerk Solidarische Landwirtschaft)
Basierte die Beziehungsstruktur in den vergangenen Jahren darin, dass ein eigenständiger landwirtschaftlicher Betrieb mit vielen Einzelmitgliedern kooperierte, rücken nun Kooperationen in den Fokus, bei denen ein Erzeugerbetrieb und eine Körperschaft zusammenarbeiten. Es gibt erste Beispiele, bei denen eine Zusammenarbeit zwischen einer SoLaWi und einer Gemeinschaftsverpflegung entstanden ist. Die Gemeinschaftsverpflegung ist als Kooperationspartner besonders interessant, da auf ihr im Rahmen der Berliner Ernährungsstrategie ein zentraler Fokus liegt. Mit den zahlreichen Kantinen und Mensen von Kitas, Schulen, Unis, Krankenhäusern, Seniorenheimen und Betrieben verspricht sie ein Abnehmer großer und kalkulierbarer Lebensmittelmengen zu sein. (SoLaWi Genossenschaften)
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Verknüpfung einer SoLaWi mit einer Küche der Gemeinschaftsverpflegung weit mehr ist als garantiert frische und gesunde Lebensmittel und der Erhalt einer lokalen bäuerlichen Landwirtschaft. Sie ist ein Garant für mehr Wertschätzung für die Produktion von Lebensmitteln und für ein tiefgreifendes Verständnis der Arbeit des anderen. Für Kita- und Schulkinder sind sie wichtige Säulen in der Ernährungsbildung, bei Einrichtungen für Menschen mit Assistenzbedarf bieten landwirtschaftliche Betriebe eine Alternative zu gängigen Betreuungsangeboten und bei Betrieben eine gute Alternative für das WIR-Gefühl. Die Wissenschaft spricht daher statt von Regionalität von Proximität, die über die geografische, auch die institutionelle oder soziale Nähe mit einschließt und von einem vielversprechenden Konzept für erfolgreiche Zusammenarbeit ausgeht. (Kantine Zukunft, Soziale Landwirtschaft)
Im Interview mit zwei Pionieren der Partnerschaft Gemeinschaftsverpflegung & SoLaWi
An den Beispielen vom Krankenhaus Havelhöhe mit der SoLaWi Speisegut als auch einer belgischen SoLaWi mit einem Altenheim wird deutlich: es braucht vor allem Zeit, dass die Beziehungen entstehen und die Bedürfnisse beider berücksichtigt werden können. Es braucht Flexibilität im Speiseplan und vor allem andere Küchengeräte für das vor allem frische von der SoLaWi gelieferte Gemüse.
Gesund, regional, revolutionär – Wie Havelhöhe die Krankenhausküche neu denkt
Das Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe setzt auf nachhaltige Krankenhausverpflegung. Olaf Budig, Teil des dreiköpfigen Küchenleitungsteams, treibt gemeinsam mit seinem Team und Christian Heymann vom landwirtschaftlichen Betrieb Speisegut die Integration regionaler und saisonaler Lebensmittel voran. Der Bezirksdialog für eine starke Region Berlin-Brandenburg sprach mit Olaf Budig über Herausforderungen, Erfolge und die Zukunft dieses Modells. Zum Interview

Ernte teilen, Verantwortung übernehmen – Wie Oostende Landwirtschaft und Gemeinschaftsverpflegung verbindet
Buitengoed Oostende ist eine belgische gemeinnützige Organisation, die nachhaltige Landwirtschaft, Naturschutz und Bildungsarbeit miteinander verbindet. Ein besonders bemerkenswertes Projekt ist die enge Zusammenarbeit mit einem Pflegeheim in der Stadt Oostende sowie mit der SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) der Organisation. Der Bezirksdialog für eine starke Region Berlin-Brandenburg sprach mit Buitengoed Oostende über diese einzigartige Partnerschaft. Zum Interview
*The original interview was conducted in english and can be read here.

Anspruch an die Gemeinschaftsverpflegungen
Soll die Betriebsverpflegung effizient und gesund sein, ist bei der Bildungsverpflegung wichtig, dass sie kindgerecht und gesund ist. Bei der Gesundheits- und Sozialverpflegung sind Diäten zu berücksichtigen, bei Jugendherbergen muss effizient und standardisiert, bei Militär- und Behördenverpflegung kalorienbewusst gekocht werden.
An weiteren Beispielen werden die für die Art der Gemeinschaftsverpflegung spezifischen Vorteile und Notwendigkeiten deutlich, die entstehen, wenn sie mit einer SoLaWi kooperieren.
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1. SoLaWi und Kindergarten
Für die Kinder & Kindergärten
Frische, gesunde Lebensmittel 🥕🍎
- Kinder erhalten regelmäßig saisonale, regionale und oft biologisch angebaute Lebensmittel.
- Die Qualität ist höher als bei herkömmlichen Lieferanten.
Ernährungsbildung & Bewusstsein 🌱👦
- Kinder lernen, wo ihre Lebensmittel herkommen.
- Sie erfahren den Wert nachhaltiger Landwirtschaft und gesunder Ernährung.
Aktive Beteiligung & Naturerfahrung 🏕️🧑🌾
- Ausflüge auf den Hof stärken die Verbindung zur Natur.
- Kinder können beim Pflanzen, Ernten oder Verarbeiten helfen.
Soziales Lernen & Verantwortung 🤝
- Sie erleben Gemeinschaft, teilen Lebensmittel und lernen den Wert von Kooperation.
Für die Solawi-Betriebe
Stabile Abnehmer & Planungssicherheit 📅💰
- Kindergärten als feste Abnehmer sorgen für verlässliche Einnahmen.
- Planung wird einfacher, da die Abnahme der Ernte gesichert ist.
Bewusstseinsbildung in Familien 👨👩👧
- Eltern werden durch ihre Kinder auf nachhaltige Landwirtschaft aufmerksam.
- Dies kann langfristig neue Mitglieder für die Solawi gewinnen.
Gemeinschaftliche Unterstützung 👩🌾💪
- Eltern, Erzieher und Kinder könnten sich an Hofarbeiten beteiligen.
- So entsteht eine engere Verbindung zwischen Stadt und Land.
Für die Gesellschaft
✅ Mehr Nachhaltigkeit – Weniger Transportwege & Verpackungsmüll.
✅ Regionale Wirtschaft stärken – Bauernhöfe profitieren direkt.
✅ Gesunde Kinder – Ernährung wirkt sich positiv auf Entwicklung und Konzentration aus.Beispiele:
Stolze Gärtner – um das für Begleitung der Kooperation notwendige Ehrenamt durch bezahlte Strukturen zu verstetigen übernimmt die Stadt die Kosten für eine Minijobberin
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2. SoLaWi und Grundschule
Für die Kinder & die Schule
Ernährungsbildung & gesunde Lebensmittel 🥕🍎
- Kinder lernen, wo ihr Essen herkommt und wie es wächst.
- Frisches, regionales Gemüse und Obst fördert eine gesunde Ernährung.
Praktisches Lernen & Naturerfahrung 🌱🧑🌾
- Landwirtschaft als „lebendiges Klassenzimmer“: Erdkunde, Biologie, Mathe & Umweltbildung direkt in der Natur.
- Experimente, wie z. B. eigenes Gemüse pflanzen und wachsen sehen.
Soziale & emotionale Entwicklung 🤝
- Teamwork bei Gartenprojekten oder auf dem Hof stärkt soziale Fähigkeiten.
- Kinder übernehmen Verantwortung für Pflanzen und Tiere.
Bewegung & Erlebnispädagogik 🚜🐓
- Aktivitäten auf dem Hof oder im Schulgarten fördern Bewegung an der frischen Luft.
- Hands-on-Lernen macht mehr Spaß als nur Theorie im Klassenzimmer.
Für die Solawi-Betriebe
Bewusstseinsbildung & Zukunftssicherung 🌍
- Kinder sind die Konsumenten von morgen – sie entwickeln früh ein Verständnis für nachhaltige Ernährung.
- Familien der Schüler könnten sich der Solawi anschließen.
- Engagierte Unterstützung 💪
- Schulklassen können saisonal bei einfachen Tätigkeiten helfen (z. B. Ernte, Pflege der Pflanzen).
- Projekte wie ein Schulgarten können mit Solawi-Unterstützung umgesetzt werden.
Regionale Vernetzung & Imageförderung 🤝
- Solawi-Höfe werden stärker in die Gesellschaft eingebunden.
- Landwirtschaft wird als wertvolle Gemeinschaftsaufgabe sichtbarer.
Für die Gesellschaft
✅ Nachhaltige Ernährung fördern – weniger Transportwege, weniger Müll.
✅ Umweltbewusstsein stärken – Kinder lernen den Wert regionaler Landwirtschaft.
✅ Soziale Gemeinschaften aufbauen – Austausch zwischen Schulen, Bauern & Eltern. -
3. SoLaWi und Jugendgruppen
Für die Jugendlichen
Praktische Natur- & Umwelterfahrung 🌱🌾
- Jugendliche erleben Landwirtschaft hautnah, anstatt sie nur theoretisch zu lernen.
- Sie entwickeln ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit und ökologische Zusammenhänge.
Stärkung von Verantwortungsbewusstsein 🤝
- Durch die Mitarbeit auf dem Hof erleben sie die direkte Wirkung ihres Handelns.
- Sie lernen, Verantwortung für Natur, Tiere und Lebensmittel zu übernehmen.
Gesunde Ernährung & Kochkompetenz 🍽️
- Jugendliche haben Zugang zu frischen, gesunden Lebensmitteln.
- Sie lernen, wie man einfache, nachhaltige Gerichte zubereitet.
Gemeinschaft & soziale Kompetenzen 👥
- Gemeinsames Arbeiten, Ernten und Kochen stärkt Teamgeist.
- Sie erleben Kooperation und Solidarität in der Praxis.
Perspektiven für die Zukunft 🚜👩🌾
- Einblicke in die ökologische Landwirtschaft können Berufswünsche beeinflussen.
- Möglichkeiten für Praktika oder Freiwilligendienste entstehen.
Für die Solawi-Betriebe
- Engagierte Helfer & Nachwuchsgewinnung 💪
- Jugendliche können in arbeitsintensiven Phasen unterstützen.
- Langfristig könnte das Interesse an einer Ausbildung in der Landwirtschaft geweckt werden.
- Bewusstseinsbildung & Zukunftssicherung 🌍
- Jugendliche sind Multiplikatoren und bringen das Thema in ihre Familien und Freundeskreise.
- Dadurch kann die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln langfristig steigen.
Belebung der Gemeinschaft 🏡
- Junge Menschen bringen neue Ideen und Energie in die Solawi-Gemeinschaft.
- Veranstaltungen, Feste oder Bildungsangebote können gemeinsam gestaltet werden.
Für die Gesellschaft
✅ Stärkung regionaler Kreisläufe – Weniger Abhängigkeit von globalen Märkten.
✅ Förderung nachhaltigen Denkens – Jugendliche wachsen mit ökologischem Bewusstsein auf.
✅ Soziale Inklusion – Gemeinsame Projekte können Jugendliche mit verschiedenen Hintergründen verbinden. -
4. SoLaWi und Soziale Träger
Für soziale Träger & betreute Menschen
Zugang zu frischen, gesunden Lebensmitteln 🥦🥕
- Soziale Einrichtungen erhalten regionale, gesunde und oft biologisch angebaute Lebensmittel.
- Menschen mit geringem Einkommen oder in schwierigen Lebenslagen profitieren von hochwertiger Ernährung.
Teilhabe & soziale Integration 🤝
- Menschen mit Unterstützungsbedarf (z. B. Geflüchtete, Langzeitarbeitslose) können aktiv in die Landwirtschaft eingebunden werden.
- Gemeinschaftsarbeit fördert soziale Kontakte, Sinnhaftigkeit & Selbstwirksamkeit.
Bildung & Nachhaltigkeit fördern 📚
- Workshops oder Mitmach-Tage vermitteln Wissen über Ernährung, Landwirtschaft & Nachhaltigkeit.
- Kinder, Jugendliche & Erwachsene lernen, wie man Gemüse anbaut & verarbeitet.
Therapeutische & pädagogische Wirkung 🌿🧘♂️
- Garten- und Feldarbeit kann als Therapieform eingesetzt werden (z. B. für Menschen mit psychischen Belastungen).
- Der Kontakt zur Natur hilft, Stress zu reduzieren und das Wohlbefinden zu steigern.
Für die SoLaWi-Betriebe
Stabile Abnehmer & Wirtschaftlichkeit 💰
- Soziale Einrichtungen können als feste Abnehmer fungieren und Planungssicherheit schaffen.
- Die finanzielle Belastung kann durch Förderprogramme oder Spenden getragen werden.
Gesellschaftliche Verantwortung & Image 🌍
- SoLaWi-Betriebe leisten einen wichtigen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit.
- Dies kann das Ansehen der SoLaWi in der Region stärken und neue Mitglieder gewinnen.
Zusätzliche Unterstützung & Helfer 💪
- Soziale Einrichtungen können Arbeitskräfte im Rahmen von Beschäftigungsprojekten bereitstellen.
- Menschen in schwierigen Situationen erhalten neue Perspektiven und Arbeitserfahrung.
Für die Gesellschaft
✅ Nachhaltige Ernährung für alle – Regionale Lebensmittel statt industrielle Massenproduktion.
✅ Stärkung der Gemeinschaft – Verbindung von Landwirtschaft, Sozialarbeit & Zivilgesellschaft.
✅ Abfallvermeidung & Ressourcenschonung – Nutzung überschüssiger oder nicht vermarktbarer Lebensmittel.