Hier steht eine Geschichte: Fundament eines Flakgeschützes
Wo heute Ökolandbau betrieben wird, verbergen sich Spuren des Zweiten Weltkriegs. Unter dem Feldboden liegt das rund 6 m² große Beton-Fundament eines schweren Waffengeschützes, einer Flugabwehrkanone (Flak). Diese Spur führt zu den Geschehnissen auf der Domäne Dahlem zur Zeit des Nationalsozialismus. Diese weiter zu erforschen und aufzudecken, ist wichtig, um Leerstellen im Wissen und der Sammlung zu füllen.
Kriegsgeschütz auf dem Domänenacker
Zur Abwehr gegen Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs positionierte die Wehrmacht eine Flakbatterie aus insgesamt sechs Geschützen sowie drei Blendscheinwerfern auf den Feldern der Domäne Dahlem. Die Scheinwerfer suchten den Himmel ab, fixierten die Flieger und blendeten die Pilot:innen. Die Geschütze bestanden jeweils aus einer langen Kanone zum Abschießen der Flugzeuge. Der Standort der Kanone auf diesem Feld ist durch das Fundament im Boden und Fotografien erwiesen. Ein weiterer Standort wird im nördlichen Teil des Geländes vermutet. Die genauen Stellen sind jedoch nicht bekannt. Die Flakgeschütze könnten auch mobil gewesen sein, während nur die Blendscheinwerfer mit Fundamenten im Boden fixiert waren.
Schäden und Verluste
Am 15. November 1940 gab es einen Fliegerangriff der britischen Armee über Berlin und die Dahlemer Flak traf eines der Flugzeuge. Die zwei Insassen wurden dabei getötet. Die herunterfallenden Flugzeugtrümmer setzten den Kuhstall der Domäne Dahlem in Brand, der damals 53 Kühe beherbergte. Viele Kühe wurden verletzt, 2 starben und 9 mussten notgeschlachtet werden. Der Kuhstall war nicht zu retten, auch Schäden an Geräten und Verluste an Streu und Stroh waren zu verzeichnen.
In den folgenden Kriegsjahren gab es viele weitere Fliegerangriffe und Brandbomben. Das Gelände der Domäne Dahlem erlitt teilweise enorme Schäden an Gebäuden, Tieren und Sachgütern. Ein Fliegerangriff im März 1943 zerstörte laut Bericht 1 Arbeiter:innen-Wohnhaus, 3 Viehställe und 1 Scheune. Angehörige des Schmieds wurden verletzt, eines seiner Kinder kam ums Leben.
Das Kriegsende
Als sich die Niederlage des Krieges für NS-Deutschland immer stärker abzeichnete, wurden in den letzten Kriegsmonaten sogar Schüler des Grunewald-Gymnasiums als sogenannte Flakhelfer dazu verpflichtet, die Flak auf dem Domänenfeld zu bedienen.
Für Berlin war der Krieg am 2. Mai 1945 vorbei. Die Siegermächte Frankreich, Großbritannien, USA und die Sowjetunion teilten Deutschland und Berlin in vier Sektoren auf. Am 4. Juli 1945 übergab die sowjetische Militärführung Dahlem in die Verwaltungshoheit der US-amerikanischen Truppen.
Gewalt in Bildern
Das Titelbild zeigt eindrücklich eine Momentaufnahme auf der Domäne Dahlem in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Im Vordergrund die nicht mehr intakte Flak, im Hintergrund lassen zwei Feldarbeiter einen Karren von Pferden ziehen. Die Fotografie schockiert aufgrund des gewaltsamen Ausdrucks, jedoch hält sie, anders als der erste Blick vermuten lässt, nicht den Krieg, sondern die Gleichzeitigkeit des Wiederaufbaus neben den Spuren von Krieg und Gewalt fest.
Fotografien werden in der Regel als Zeugnis von Realität wahrgenommen, deshalb prägen sie unsere Erinnerungen oft mehr als Worte es tun. Es ist deshalb wichtig, sich Kontext, Umstände, Perspektive und Absicht von Bildern bewusst zu machen.
Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus in der aktuellen Sonderausstellung
Über die Domäne Dahlem während der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs ist noch nicht viel bekannt, die Forschung steht hier noch am Anfang. In der aktuellen Sonderausstellung Sammlung Domäne Dahlem. Geschichten und Objekte im Museum im Herrenhaus gibt es dazu noch mehr zu lesen und zu hören.
Mehr Informationen zur aktuellen Ausstellung:
Sammlung Domäne Dahlem. Geschichten und Objekte
07.07.2023 – 04.08.2024
MUSEUM IM HERRENHAUS
MI-SO, 10:00 – 17:00 UHR
Quellen:
Lummel, Peter (1997): Von der preußischen Domäne zum Berliner Stadtgut. In: Lummel, Peter (Hrsg.): Vom Berliner Stadtgut zum Freilichtmuseum. Geschichte und Geschichten der Domäne Dahlem, Dahlemer Materialien 5, S. 71-93.