Hier steht eine Geschichte: Kartoffelernte früher und heute
Der Kartoffelroder „Wisent“ aus der Nachkriegszeit war einer der ersten Kartoffelvollernter. Er hat die Arbeit von Feldarbeiter:innen erheblich erleichtert. Ein spannendes Sammlungsobjekt, das 2018/19 zuletzt auf dem ökologischen Betrieb der Domäne Dahlem zum Einsatz kam.
Der Roder „Wisent“ ist ein Siebkettenroder mit Radförderung und wurde zwischen 1959 und 1964 gebaut. Das technische Prinzip des Siebkettenroders erfand der Landmaschinentechniker Egbert von Kobylinski schon 1842. Es hat sich bis heute als führendes Prinzip gehalten und basiert darauf, dass die aus dem Boden gezogenen Kartoffeln über die Siebkette von Steinen und Pflanzenresten freigerüttelt werden und dann nur noch gesammelt werden müssen.
Für die Kartoffelernte mit dem Wisent braucht es den Einsatz von 4-5 Menschen: Der Traktor, der den Wisent zieht, wird von einer Person gefahren, während auf der Plattform oben auf dem Wisent weitere 3-4 Menschen stehen. Sie sortieren restliche Steine, Erdklumpen und Pflanzenreste aus, die von der Siebkette noch nicht abgeschüttelt wurden und befüllen die Säcke.
Wie funktioniert der „Wisent“?
Der Roder wird von einem Traktor gezogen. Ein unten am Gerät angebrachtes Schar (scharf zulaufendes Metallteil) wird herabgelassen und passiv unter dem Kartoffeldamm entlang gezogen. Zwei große, scharfe Scheibenschare schneiden rechts und links Kraut und Erde durch, sodass der komplette Damm aus Erde, Steinen, Kartoffeln und Kraut entwurzelt wird. Durch die Vorwärtsbewegung wird die breite Siebkette unter den entwurzelten Damm geschoben. Die Siebkette ist ein durchlässiges Fließband aus Stäben mit ein paar Zentimeter großen Abständen. Durch die Abstände wird lose Erde abgesiebt. Kartoffeln, Steine und Kraut werden jedoch von der Siebkette nach oben zur Radförderung gefahren. Wie in den Kabinen eines Riesenrades werden die Kartoffeln in dem Rad nach oben gefördert und fallen dort auf eine weitere Siebkette. Dort trennen Menschen die letzten Steine, Erdklumpen und Pflanzenreste von den Kartoffelknollen. Zum Schluss fallen die Knollen dann in 25 kg Säcke, die per Hand zugeknotet und auf die Ladefläche gelegt werden, wenn sie voll sind.
Alle Bänder, Ketten und Räder werden über eine Zapfwelle (unter der Deichsel hängend) von der Motordrehung des Traktors angetrieben. Nur das Schar wird für den Transport des Roders hydraulisch aus- und hochgehoben.
Die Nachfahren des „Wisent“: Weiterentwicklung der Technologie für die Massenernte.
In großen Betrieben kommen heutzutage immer noch Kartoffelvollernter zum Einsatz. Sie sind jedoch viel größer und „Selbstfahrer“, müssen also nicht mehr von einem Traktor gezogen werden. Das Siebketten-Prinzip ist das gleiche in größerem Maßstab. Reinigung und Sortierung der Kartoffeln verlaufen in den großen Maschinen gründlicher über mehrere Siebe und Laufbänder. Metallteile an den Siebketten werden heute mit Gummi verkleidet, um die empfindlichen Knollen nicht zu verletzen. Ein großer Sammelbunker, der tonnenweise Kartoffeln aufnehmen kann, ist direkt in die Erntemaschine integriert. Wenn er voll ist, werden die Kartoffeln auf einen separaten Lastwagen hinübergeschüttet. Die Verpackung in Säcke erfolgt erst später im Handelsverlauf.
Mehr Informationen zur aktuellen Ausstellung:
Sammlung Domäne Dahlem. Geschichten und Objekte
07.07.2023 – 04.08.2024